Die Nacht war erholsam, jetzt ausgeruht aufgewacht, das Fenster auf zum Lüften und der Morgenkaffee wartet schon auf die Erweckung seines feinen Aromas durch heißes Wasser. Hmm… wie neu und gut gelaunt in den Tag, so soll es sein. Jetzt fehlt noch die belebende Dusche für den gelungenen Auftakt. Das erfrischende Nass aus dem teuren Wellness-Duschkopf sollte aber nur wohlig warm sein – knapp über der Körpertemperatur ist hier erwünscht.
Getrübte Morgenfreude
Aber Vorsicht: In dem Dampf des relativ fein zerstäubten Wasserstrahls von oben können für gesundheitlich geschwächte Menschen gefährliche Bakterien, sogenannte Legionellen enthalten sein. Dies geschieht, wenn das über die Leitung bereitgestellte Wasser nicht heiß genug angeliefert wird.
Legionellen kommen auf der ganzen Welt in Süßwasser vor und vermehren sich bei Temperaturen zwischen 25 und 45 Grad Celsius. Ab einer Wassertemperatur von circa 55 Grad wird es für die Legionellen ungemütlich, ab 60 Grad sterben sie ab. Nach dem Einatmen von belastetem Wasserdampf beim Duschen, in Whirlpools oder aus Klimaanlagen, verursachen die Legionellen oft eine Lungenentzündung, die „Legionärskrankheit“. Gesunde Menschen infizieren sich jedoch nicht und eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist auch nicht bekannt. Die Symptome treten in einem Zeitraum von zwei bis zehn Tagen auf.
Selbsthilfe
Wessen Immunabwehr allerdings vorübergehend geschwächt ist, wie bei einer Grippe zum Beispiel, der sollte sich der zusätzlichen Ansteckungsgefahr bewusst sein und Gegenmaßnahmen ergreifen. Gut, wer die Temperatur der Heißwassererzeugung selbst steuern kann, wie bei Thermen und Boilern, die nur die einzelne Wohnung versorgen. Hier sollte die Grundtemperatur auf die das Wasser im Speicher erhitzt wird, auf mindestens über 60 Grad eingestellt werden. Und vor der Entnahme aus den Wasserhähnen kann man das in der Zuleitung abgestandene, lau abgekühlte Warmwasser erst einmal ablaufen lassen, bis es richtig heiß gezapft wird. So ist reichlich ungetrübter Genuss sicher.
Lange Leitung
Eine ganz andere Situation stellt sich jedoch für Bewohner und Nutzer gewerblich geführter Immobilien dar, wozu auch Mietwohnungen in Mehrfamilienhäuser gehören. Besitzt deren zentraler Warmwasserspeicher oder Durchlauferhitzer mehr als 400 Liter Fassungsvermögen oder weist die Leitung zwischen dem Warmwasser erzeugenden Gerät und dem am weitesten davon entfernten Wasserhahn ein Volumen von mehr als drei Litern auf, dann greift die Überprüfungspflicht durch die neue Trinkwasserverordnung, die seit dem 01. November 2011 zunächst jährlich umgesetzt werden sollte (mit der Gesetzesnovelle vom 13. Dezember 2012 wurde der Turnus allerdings auf 3 Jahre erweitert).
Der Hintergrund: Legionellen können sich, wie oben beschrieben, in lauwarmem Wasser recht schnell vermehren. Besonders die großen Wasserspeicher und ellenlangen Rohrleitungen in großen Gebäuden sind ein optimaler Lebensraum für diese Bakterien. Aufsehenerregende Fälle von Massenerkrankungen in Form von Lungenentzündungen bei der Nutzung solcher Häuser füllten in den letzten Jahren immer wieder die Schlagzeilen in den Medien. In Krankenhäusern und Schwimmbädern wurde schon länger regelmäßig nach diesen Bakterien im Wasser gefahndet.
Seit der neuen Verordnung müssen nun auch die Vermieter von Mehrfamilienhäusern mit Legionellen verunreinigtes Wasser dem Gesundheitsamt melden. Dazu müssen Sie von geprüften Labors Wasserproben entnehmen lassen, wenn die 400-Liter-Grenze für Warmwasserspeicher und die 3-Liter-Grenze für das Leitungsvolumen überschritten wird. Ein- und Zweifamilienhäuser sind von der Verordnung nicht berührt.
Wie können Sie jetzt abschätzen, welches Volumen die Leitung hat? Die Abhängigkeit von Innendurchmesser und etwaiger Stranglänge stellt sich beispielsweise so dar:
Rohrdurchmesser innen Etwaige Länge für 3 Liter Wasservolumen
10 mm 38 m
½ Zoll (DN 13 mm) 23 m
15 mm 17 m
¾ Zoll (DN 19 mm) 11 m
20 mm 10 m
25 mm 6 m
30 mm 4 m
Alle in einem Boot
Natürlich entstehen Kosten für die Legionellen-Tests, die auch als jährliche Betriebskosten auf den Mieter umgelegt werden können, wenn dies mit Bezug auf die Betriebskostenverordung im Mietvertrag vereinbart wurde. Inzwischen sind sogar Mieterverbände der Auffassung, dass darüber hinaus der eventuell notwendige Einbau von zusätzlichen Wasserhähnen im Leitungssystem für die vorgeschriebenen repräsentativen Probe-Entnahmestellen als Modernisierung und damit als Mieterhöhungsgrund anzuerkennen ist.
Die Eigentümer oder deren Vertreter sind verpflichtet, die erste Untersuchung bis zum 31. Dezember 2013 abgeschlossen zu haben. Auffällige Werte müssen unverzüglich dem Gesundheitsamt gemeldet werden, ansonsten aber kann die Untersuchung immer erst nach drei Jahren wiederholt werden. Bei Verstößen gegen die Trinkwasserverordnung drohen allerdings empfindliche Strafen.
Wasser ist ein unverzichtbares und sehr kostbares Lebensmittel, das ganz besonderen Schutz gegen Verunreinigungen verlangt. Nur, wenn die hohen Sicherheitsanforderungen eingehalten werden, kann es gesund und wohltuend genossen werden, wie die lebensnotwendige, reine Luft zum Atmen.